Pick-and-Place - IMK Engineering – Ingenieurbüro für Mechatronik und Kybernetik Dr. Bruns

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Referenzen  Pick-and-Place
„Pick-and-Place“-Einheiten sind in der industriellen Produktion vielfach anzutreffen und werden dort primär für Bestückungsvorgänge verwendet. Häufig anzutreffende Vertreter dieser Art sind bspw. der sogenannte SCARA-Roboter (Selective Compliance Assembly Robot Arm) oder die nebenstehend abgebildete Bestückungseinheit, bestehend aus zwei Linearmotoren bzw. Linearachsen, die zwei Freiheitsgrade ermöglichen: Eine Translation in $x$-Richtung ($T_x$) sowie eine Translation in $z$-Richtung ($T_z$).
Die weiter unten abgebildeten sogenannten „Freischnitte“ der bewegten Massen zeigen die angreifenden Kräfte, die für eine Abbildung bzw. Modellierung des dynamischen Verhaltens des Systems benötigt werden, was wiederum Voraussetzung für den Entwurf einer optimalen Regelung ist (s. a. Modellbildung & Simulation sowie Regelungstechnik).
Auch die am IMK entwickelte 6-Achs-Parallelkinematik (Seilroboter) mit 5 von insgesamt 6 möglichen Freiheitsgraden ist prinzipiell für derartige Aufgaben geeignet. Allerdings bleibt festzustellen, dass aufgrund der Verwendung von Seilen eine geringere Steifigkeit des Systems gegeben ist. Dies führt wiederum zu einer geringeren Positioniergenauigkeit.

Beispiel für eine häufig verwendete Pick-and-Place-Einheit


„Freischneiden“ der in x-Richtung bewegten Masse



„Freischneiden“ der in z-Richtung bewegten Masse

Einfachster Fall
In vielen Anwendungsfällen können die meisten Kräfte ignoriert werden, bis auf die jeweilige Antriebskraft des Motors $F_A$. Die Differentialgleichung für die Beschreibung des dynamischen Verhaltens der $x$-Achse vereinfacht sich dann nach NEWTON/EULER zu
\[m \cdot \ddot x = \sum\limits_i {{F_i} = {F_A}} \]
Die äquivalente Darstellung im Frequenz- bzw. LAPLACE-Bereich (s. a. Regelungstechnik) führt dann auf das Übertragungsglied
\[G\left( s \right) = \frac{{x\left( s \right)}}{{{F_A}\left( s \right)}} = \frac{1}{{m \cdot {s^2}}}\]
(Für die $z$-Achse gelten die Ausführungen analog)

Da die zeitabhänge Position ($x$ bzw. $z$), zweimal nach der Zeit $t$ differenziert, der Beschleunigung $a$ entspricht ($\dot x = dx/dt = v$, $\ddot  x = dv/dt = a$), gelangt man schließlich zu der allgemein bekannten Formel
\[F = m \cdot a\]
Man würde also in diesem einfachsten Fall mit den klassischen Syntheseverfahren für den Frequenzbereich einen Regler für die zuvor dargestellte Regelstrecke $G\left( s \right)$ auslegen und eine Kraftvorsteuerung der Form $F = m \cdot a$ implementieren, wobei der Verlauf der Beschleunigung $a$ aus der abzufahrenden (Soll-) Bahnkurve gemäß Bahnplanung zu entnehmen ist.
Geschwindigkeitsproportionale Reibung
Steigen die Anforderungen an die Systemdynamik, dann muss man sich in der Regel zunächst der Reibung ($F_R$) widmen. Sofern das System gut geschmiert ist bzw. die Bauteile relativ zueinander bspw. auf einem dünnen Ölfilm gleiten, dann kann man häufig von viskoser bzw. geschwindigkeitsproportionaler Reibung ausgehen. In diesem Fall erhält man mit dem Reibungskoeffizienten $r$ und der Geschwindigkeit $v=dx/dt= \dot x$ die Differentialgleichung
\[m \cdot \ddot x = \sum\limits_i {{F_i} = F_A - F_R = {F_A}}  - r \cdot \dot x\]
Dem entspricht im Frequenzbereich die Übertragungsfunktion
\[G\left( s \right) = \frac{{x\left( s \right)}}{{{F_A}\left( s \right)}} = \frac{1}{{m \cdot {s^2} + r \cdot s}}\]
Anhand der Übertragungsfunktion $G\left( s \right)$ kann nun wieder mit den klassischen Methoden der Regelungstechnik (siehe Regelungstechnik), z. B. auf Basis des Frequenzkennlinienverfahrens oder des Wurzelortsverfahrens, eine geeignete Regelung ausgelegt werden.
Selbstverständlich ist auch der Entwurf der Regelung im Zeitbereich bzw. im Zustandsraum möglich, bei linearen SISO-Systemen (Single-Input-Single-Output) ist jedoch der Entwurf im Frequenzbereich vorteilhafter.
Eine geeignete Vorsteuerung berücksichtigt die geschwindigkeitsabhängige Reibkraft $F_R=r \cdot \dot x$  sowie die Kraft $F=m \cdot a$ für das Erreichen der geforderten Massenbeschleunigung. Die resultierende Vorsteuerung sowie die gesamte Reglerstruktur sind im untenstehenden Blockbild dargestellt.


Struktur einer geeigneten Regelung bei bewegter Masse gemäß Bahnplanung und viskoser Reibung

Höchste Dynamik und Präzision
Hohe Positioniergeschwindigkeit (Dynamik) und hohe Positioniergenauigkeit (Präzision) sind prinzipiell gegenläufige Zielgrößen. Um hier höchsten Ansprüchen gerecht zu werden, müssen evtl. weitere Details herausgearbeitet und in das Modell für den Reglerentwurf übernommen werden.
Bei der $x$-Achse bspw. müssen unter Umständen noch die folgenden Punkte analysiert werden:
  • Durch die Bewegung der Masse $m_x$ können sich die Auflagerverhältnisse ändern, im „Freischnitt 1“ oben idealisiert durch die Kräfte $F_{Lv}$ und $F_{Lh}$ dargestellt. Je weiter die Achse bzw. die Masse $m_x$ nach links bewegt wird, desto größer kann der Unterschied zwischen $F_{Lv}$ und $F_{Lh}$ werden, je nach Größe der Masse $m_x$ und dem Spiel zwischen den bewegten Bauteilen. Es entstehen Kippmomente, und die Reibungsverhältnisse ($F_R$) können sich signifikant ändern. Hinzu kommen die Änderung der Lage des Schwerpunkts $S$ und die Massenänderung in Abhängigkeit von der aufgenommenen bzw. abgelegten Last ($m_L$, siehe „Freischnitt 2“).
  • Unter Umständen kann auch die Steifigkeit der Kabelzuführung (Kraft $F_K$ mit ihren Komponenten $F_{Kx}$ und $F_{Ky}$) einen spürbaren Einfluss auf die Genauigkeit haben.
Weiterhin können sich durch Verschleiß oder Verschmutzung die Betriebsbedingungen bzw. Systemparameter signifikant ändern und so zu einer kontinuierlichen Verschlechterung der Genauigkeit führen.
Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten und Ansätzen, wie man den genannten Problempunkten entgegenwirken kann. Einige werden im Folgenden kurz genannt:
  • Modelldetaillierung in Verbindung mit einer ereignisgesteuerten adaptiven Regelung. Ein Ereignis in diesem Sinne wäre beispielsweise, wenn eine Last $m_L$ vom Greifer aufgenommen oder abgesetzt wird.
  • Integration eines Reibbeobachters (Nichtlinearer Beobachter), ggf. in Kombination mit geeigneten Lernverfahren aus dem Bereich der „Künstlichen Intelligenz“ (KI).
  • Implementierung einer Online-Optimierung. Beispielsweise könnten auf Basis eines Gradientenverfahrens die für die aktuellen Betriebsbedingungen optimalen Reglerparameter bestimmt werden.
Die obigen Ansätze sind teilweise kombinierbar bzw. müssen sogar teilweise kombiniert werden. Bspw. sollte die Online-Optimierung einmal für den Lastfall und einmal für den lastfreien Fall durchgeführt werden. Je nach Phase muss dann eine adaptive Regelung zwischen den aller Voraussicht nach unterschiedlichen Parametersätzen umschalten.

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